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Eine emotionale Reise

Auf Lobby-Tour für den Frieden mit den Combatants for Peace

Es war keine gewöhnliche Woche, die wir uns für eine Lobbytour mit zwei Mitgliedern der Combatants for Peace nach Berlin und in weitere deutsche Städte ausgesucht hatten. Der erste Tag fiel auf den 7. Oktober, genau zwei Jahre nach dem schrecklichen Angriff der Hamas und dem darauffolgenden Krieg in Gaza. Doch damit nicht genug: Nie war ein Ende des Krieges näher als in diesen Tagen. Die israelische Regierung und die Hamas begannen Verhandlungen im ägyptischen Scharm El-Scheich, die wenige Tage später tatsächlich zu einem Waffenstillstand in Gaza und zur Freilassung der verbliebenen israelischen Geiseln führten.
Carly Roesenthal und Sulaiman Khatib von den Combatants for Peace in Berlin
© Pro Peace

„Wenn aus diesem Waffenstillstand ein belastbarer Friedensprozess erwächst, dann soll Donald Trump von mir aus den Friedensnobelpreis dafür bekommen“, erklärte Sulaiman Khatib, der als einer der Gründer der Combatants for Peace selbst mehrfach für den Preis nominiert war, bei der letzten öffentlichen Veranstaltung der Reise im Kölner Domforum. Die Erleichterung über ein Ende des Krieges in Gaza teilte auch seine jüdisch-israelische Kollegin Carly Rosenthal. Aber sie blieb skeptisch, ob die Waffen dauerhaft schweigen werden.

Rosenthal wuchs in einer jüdischen Familie im australischen Melbourne auf, ihre Großeltern überlebten den Holocaust in Ungarn. Im Jahr 2018 zog sie nach Israel und nahm die israelische Staatsbürgerschaft an. Allerdings nicht, um in der Armee zu dienen, sondern um sich fortan in palästinensisch-israelischen Friedensinitiativen zu engagieren. Seit eineinhalb Jahren arbeitet sie im Team der Combatants for Peace mit und kümmert sich um Social Media und Fundraising. Die Vortragsreise führte sie zum ersten Mal in ihrem Leben nach Deutschland.

Ob im vertraulichen Gespräch mit Abgeordneten oder bei großen öffentlichen Veranstaltungen, die Mitglieder der Combatants for Peace setzen auf die Überzeugungskraft ihres persönlichen Lebenswegs. Wenn Menschen, die an der gewaltsamen Austragung des Konflikts direkt beteiligt waren, sich für den Weg der Gewaltfreiheit und des Dialogs entscheiden können, dann können andere ihrem Beispiel folgen, einschließlich der Politik. Sulaiman Khatib war selbst als Jugendlicher am bewaffneten palästinensischen Kampf beteiligt und verbrachte zehn Jahre in einem israelischen Gefängnis. Im Jahr 2005 suchte er mit weiteren Palästinensern den Dialog mit einer Gruppe israelischer Soldaten, die gerade öffentlichkeitswirksam den Dienst in den besetzten Gebieten verweigert hatten. Aus diesen Gesprächen entstanden die Combatants for Peace.

Gespräch mit Mitgliedern der Fraktion Die Linke im Bundestag.

Khatib berichtet mit Stolz, dass die Bewegung bis heute zusammenhält. Viele binationale Gruppen in Israel und Palästina sind nach dem 7. Oktober zerbrochen. Auch der Zusammenhalt der Combatants for Peace wurde auf eine harte Probe gestellt, erklärte er am 8. Oktober bei einer Veranstaltung in einer Berliner Kulturkirche vor rund hundert Gästen. „Einige Israelis wollten zurück in die Armee, um in Gaza gegen die Hamas zu kämpfen. Doch für mich war klar: Wer einmal den Weg der Gewaltfreiheit verlässt, der kann nicht mehr Teil unserer Bewegung sein.“ Viele Mitglieder waren ganz persönlich betroffen, erzählte er, sie hatten Freunde unter den Opfern des Angriffs der Hamas am 7. Oktober oder Tote unter Verwandten in Gaza zu beklagen.

Die Combatants for Peace sind heute aktiver und wichtiger denn je. Mit israelisch-palästinensischen Gruppen sind sie regelmäßig in palästinensischen Dörfern im Westjordanland unterwegs, um die Menschen dort mit gewaltfreier Präsenz vor Siedlergewalt und Vertreibung zu schützen. In den Freedom Schools der Combatants wächst die nächste Generation der Friedensbewegung heran. Und mit Lobbytouren ins Ausland werben die Mitglieder für mehr internationalen Druck und Engagement für einen Prozess, der zu einem gerechten Frieden führen kann.

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Die Lobbyreise führte die beiden Mitglieder der Combatants for Peace in Begleitung von Christoph Werthmann aus dem Jerusalemer Team von Pro Peace zunächst nach Berlin. Mehr als 35 Fachleute für Friedensarbeit und den Nahen Osten nutzten am 7. Oktober die Gelegenheit, um sich im Rahmen einer Gesprächsrunde über die aktuelle Situation in der Region und Herausforderungen für die Unterstützung von Friedens- und Menschenrechtsorganisationen zu informieren. Weitere Gespräche führten die Delegation in den Bundestag, zum Ministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung und zum Team der Münchner Sicherheitskonferenz.

© Combatants for Peace

Für die Gespräche und Veranstaltungen in Deutschland hatten Carly Rosenthal und Sulaiman Khatib einige sehr konkrete Forderungen im Gepäck: Sie warnten ausdrücklich vor einer drohenden De-facto-Annexion des Westjordanlands durch die israelische Regierung im Verbund mit radikalen Siedler*innen, denen niemand mehr Einhalt gebietet. Von der Politik forderten sie die Anerkennung des Staates Palästina, nicht erst am Ende eines Verhandlungsprozesses, sondern sofort. Beide erwarteten von deutscher Seite, dass sie Friedens- und Menschenrechtsgruppen in Israel und Palästina schützt und weiter aktiv unterstützt. Dazu gehört für sie, ein geplantes Gesetz des israelischen Kabinetts zu verhindern, das die Arbeit von Nichtregierungsorganisationen massiv einschränken soll. Auch hier bedürfe es internationalen Drucks. Mit dem Frieden sei es wie mit den Olivenbäumen, sagte Khatib am letzten Vortragsabend in Köln. Die eine Generation muss sie pflanzen, damit die nächste Generation ernten kann.

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