„Frieden“, ein umkämpfter Begriff

Ein Impuls aus der praktischen Friedensarbeit

Beim Blick in Nachrichten und Talkshows reibt man sich manchmal verwundert die Augen und fragt sich: Seit wann polarisiert der Begriff "Frieden" so sehr?
Peace-Zeichen
© Pro Peace

Man könnte meinen, Frieden sei der kleinste gemeinsame Nenner. Das, wonach doch alle streben, Individuen ebenso wie Gesellschaften. Das, worauf sich alle einigen können – zumindest als Wunsch, als Utopie, mag deren Realisierung auch noch so fern erscheinen. Oder doch nicht? Spätestens seit Beginn des russischen Überfalls auf die Ukraine vor drei Jahren wird nicht nur in der Friedensbewegung über vermeintlich klare Begrifflichkeiten gestritten. „Frieden“ polarisiert plötzlich. Friedensfahnen wehen bei Demos neben Emblemen von Parteien, deren politische Grundhaltung so gar nicht friedlich und menschenfreundlich ist. Was ist da los?

Abseits der politischen Extreme zeichnen sich auch in der Mitte der gesellschaftlichen Debatte zwei Argumentationslinien ab: Die einen sehen Frieden als etwas, das letztlich nur mit Waffen geschützt und verteidigt werden kann, die anderen beharren auf der im Grundsatz pazifistischen Ablehnung jeder Gewalt. Für Letztere sind daher Waffenlieferungen an ein überfallenes Land zur Selbstverteidigung schon nicht mehr mit der Idee von Frieden vereinbar, während Erstere nur in dieser Unterstützung wahre Friedensbemühungen erkennen, weil ein Opfer dem Aggressor ohne Unterstützung schutzlos ausgeliefert ist. Beides ist jedoch zu kurz gedacht.

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Denn Frieden ist viel mehr als die Abwesenheit von Gewalt. Bei Pro Peace arbeiten wir für einen sogenannten positiven Frieden. Das Konzept geht auf den norwegischen Friedensforscher Johan Galtung zurück und umfasst neben der Abwesenheit direkter, physischer Gewalt auch die Abwesenheit struktureller und kultureller Gewalt. Es geht also auch um Gerechtigkeit, die Verwirklichung der Menschenrechte und demokratischer Teilhabe und die Überwindung diskriminierender und rassistischer Strukturen. Ziele, die nicht mal eben mit einem Deal zu erreichen sind, wie ihn Präsident Trump Mitte Oktober zwischen Israel und der Hamas erzwungen hat. Ein Waffenstillstand ist aus dieser Perspektive nicht das Ende, sondern kann bestenfalls der Beginn eines Friedensprozesses sein.

Frieden ist kein Zustand, Frieden ist ein Prozess abnehmender Gewalt und zunehmender Gerechtigkeit. Dieser kurze Satz benennt die wichtigsten Elemente des Friedensbegriffs, dem wir bei Pro Peace folgen. Lassen Sie uns gemeinsam weiter für dieses umfassende Verständnis streiten, um den Friedensbegriff aus der Schusslinie zu holen!