
Auch für Friedens- und Menschenrechtsorganisationen und andere zivilgesellschaftliche Gruppen sind die Folgen des Förderstopps dramatisch. Das renommierte United States Institute of Peace fiel den Truppen von Elon Musk zum Opfer und wurde allen Protesten und gerichtlichen Einsprüchen zum Trotz geschlossen.
Pro-Peace-Mitarbeitende in verschiedenen Ländern sind alarmiert. Das Team im Westlichen Balkan fürchtet um zahlreiche seiner Partnerorganisationen, die teils stark von USAID-Mitteln abhängig sind. Viele werden deren Streichung nicht überleben, große Teile der Zivilgesellschaft werden in ihrer organisierten Form wegbrechen. In der Westbalkanregion werden zwar auch viele NGOs durch die EU oder einzelne europäische Staaten unterstützt, jedoch fahren auch viele dieser Geldgeber ihre Förderung internationaler Zivilgesellschaft zurück und befeuern damit einen Vertrauensverlust.
Etwas anders gelagert sind die Sorgen im Südostasien-Team. Dort erwarten Pro-Peace-Mitarbeitende nach dem Rückzug der USA, dass China in die Bresche springen wird. Um seinen Einfluss zu stärken und die USA weiter zurückzudrängen, die beispielsweise in den Philippinen bisher eine wichtige Rolle spielten, wird China in vielen Ländern der Region versuchen, finanzielle Abhängigkeiten zu schaffen und darüber auch Inhalte und Formen des Engagements zu beeinflussen. Doch die chinesische Regierung ist bislang nicht als Förderin von freier Zivilgesellschaft und Menschenrechten aufgetreten, sondern vor allem als Geldgeberin für große Infrastruktur- und Wirtschaftsprojekte.
Proteste gegen die Regierung Trump blieben in den ersten 100 Tagen eher leise und weitgehend wirkungslos.
Für die Menschen im Sudan, einem der aktuell opferreichsten Kriege weltweit, bedeutet der Rückzug der USA, dass den Vereinten Nationen nun nur noch knapp die Hälfte der Mittel für humanitäre Hilfe in dem Land zur Verfügung steht, analysiert die Stiftung Wissenschaft & Politik. Die Autor*innen fürchten außerdem, dass zivilgesellschaftliche Organisationen und unabhängige Medien in der gesamten Region am Horn von Afrika massiv geschwächt werden. Dies verschärfe die ohnehin unzuverlässige Nachrichtenlage in einer Situation, in der falsche Gerüchte schnell bewaffnete Auseinandersetzungen anheizen.
Von der Regierung Trump ist keine Kehrtwende zu erwarten, im Gegenteil: Am 4. März haben sich die USA in der UN-Generalversammlung von den Zielen der Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung distanziert. Können andere Länder und Bündnisse, allen voran die Europäer, einspringen? Dies scheint wenig wahrscheinlich, zum einen fehlt ihnen die finanzielle Potenz, zum anderen der Wille. Die britische Regierung hat vor wenigen Wochen angekündigt, ihre Entwicklungszahlungen in den nächsten drei Jahren schrittweise von aktuell 0,5 % des Bruttoinlandsprodukts auf 0,3 % zu reduzieren, und die freiwerdenden Mittel in Aufrüstung zu investieren. Die Niederlande planen ähnliche Kürzungen und auch die kommende deutsche Bundesregierung hat im Koalitionsvertrag eine Kürzung öffentlicher Entwicklungsleistungen und zugleich eine deutliche Steigerung der Verteidigungsausgaben vereinbart.
Frieden spenden
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Auch die Europäische Union setzt vor allem auf Verteidigungsfähigkeit und Investitionen in die Rüstungsindustrie. Im März stellte Kommissionspräsidentin von der Leyen dazu ihren Plan unter dem Titel ReArm Europe vor. Für die Zukunft europäischer Entwicklungszusammenarbeit und Friedensförderung bedeuten diese Entwicklungen nichts Gutes. Die beginnenden Verhandlungen zum nächsten sogenannten Mehrjährigen Finanzrahmen der EU, eine Art 7-Jahres-Haushalt, könnten darauf hinauslaufen, dass entsprechende Gelder und Institutionen zusammengestrichen werden.
Wenn die alte, sicher nicht perfekte und in Teilen ungerechte regelbasierte Weltordnung unter Führung der USA nun Schritt für Schritt zerstört wird, dann wäre dies die Chance für Europa in Partnerschaft mit anderen Ländern, entschieden für eine erneuerte, gerechtere internationale Ordnung einzutreten. Das wäre auch in unserem Interesse!
Doch eines ist klar: In diesen Zeiten neuer machtpolitischer Konfrontation wird es mehr denn je auf eine starke Zivilgesellschaft als Gegenpol ankommen. Die Stimme von Friedensorganisationen wie Pro Peace wird wichtiger und muss daher auch lauter werden. In einer Zeit, in der die Unterstützung der Zivilgesellschaft durch Staaten wegbricht, gilt es neue Wege unabhängiger Finanzierung aufzubauen und über solidarisches Handeln ihre Widerstandsfähigkeit gegen staatliche Repressionen zu stärken. Auf diesem Weg stehen wir noch am Anfang, viel Zeit bleibt uns nicht.