
Pro Peace arbeitet in Israel und Palästina bereits seit vielen Jahren mit den Combatants for Peace (kurz CfP, auf Deutsch: „Kämpfer*innen für den Frieden“) zusammen. 2021 entstand aus dieser Zusammenarbeit eine neue Jugendgruppe der Combatants for Peace. Die jungen Mitglieder dieser Gruppe stammen aus verschiedenen Teilen des Westjordanlands. Gemeinsam arbeiten sie daran, dass die Vision der CfP Wirklichkeit wird: Ein friedliches Zusammenleben aller Menschen in der Region. Die CfP sind sowohl in Israel als auch in Palästina aktiv.
Der „Awareness Walk“ im Herbst 2022 war die erste öffentliche Aktion der neuen Jugendgruppe. Gemeinsam mit den Teilnehmenden wanderten die Aktivist*innen durch die beiden benachbarten Dörfer Bardala und Kardala im nördlichen Teil des Jordantals. Ziel der Veranstaltung war es, auf die prekäre Situation der Menschen in den Dörfern aufmerksam zu machen. Exemplarisch thematisierten die Aktivist*innen hierbei einige Auswirkungen der andauernden israelischen Besatzung auf das alltägliche Leben der Ansässigen. Mitglieder der internationalen Gemeinschaft und auch israelische Aktivist*innen waren unter den Teilnehmenden.
Besonders leiden die Bewohner*innen der Dörfer unter der Wasserknappheit. Durch Umleitung großer Wassermengen zu illegal errichteten Siedlungen im Westjordanland ist Wasser sehr ungleich verteilt. Im direkten Vergleich steht den israelischen Siedlern so beispielsweise für die Landwirtschaft mehr als das zwanzigfache an Wasser zur Verfügung als den Dörfern. Diese Knappheit wirkt sich auf die Landwirtschaft und das alltägliche Leben der Menschen aus. Da die Landwirt*innen nur stark eingeschränkt arbeiten können, sinkt auch der allgemeine Lebensstandard in den Dörfern.
Ein weiteres Thema war die Gefahr durch militärisches Gerät und zurückgelassene Waffen – Zeugnisse des Krieges von 1967 sowie aktueller Militärtrainings der israelischen Armee. Hinterlassene Munition, Landminen oder andere Waffen verursachen regelmäßig teils tödliche Unfälle. Ein Mitglied der Jugendgruppe erzählte dazu eine Geschichte aus seiner eigenen Kindheit: Beim Spielen draußen mit einem Freund fanden die Kinder einen kleinen Sprengkörper. Unwissend spielten sie mit ihrem Fund und brachten den vermeintlichen „Schatz“ schließlich nach Hause. Die Eltern erkannten sofort, um was für einen Gegenstand es sich handelte und konnten rechtzeitig die Feuerwehr rufen. Leider gebe es jedoch auch viele solcher Erzählungen, die nicht glimpflich endeten, berichtete der Aktivist.
Insgesamt wurden bereits mehr als 200.000.000 Quadratmeter palästinensisches Land vom israelischen Militär für Trainingszwecke beschlagnahmt. Dies geschieht häufig ohne Ankündigung. Die Aktivist*innen sprachen deshalb darüber, was der Verlust von Land und die Zerstörung von Gebäuden für die Menschen vor Ort bedeuten. So sind durch die Beschlagnahmung Einkommensgrundlagen stark beeinträchtigt oder zerstört worden. Als Beispiel nannten die Jugendlichen die Einnahme von Flächen, auf denen Imker ihre Bienen hielten. Darüber hinaus wurden und werden nach wie vor viele Gebäude abgerissen. Der Prozess, um eine Erlaubnis zum Hausbau von israelischen Behörden zu bekommen, ist lang und teuer. Entweder werden Häuser deswegen ohne Erlaubnis erbaut oder aber die Menschen bilden Wohngemeinschaften. Bis zu 30 Menschen leben daher teilweise in einem Gebäude. Diese schwierigen Lebensbedingungen beinträchtigen die Gesundheit und Lebensqualität der Dorfbewohner*innen signifikant. All diese Umstände führen dazu, dass mehr und mehr Menschen in größere Orte ziehen, wo sie sich ein besseres Leben versprechen.
Der Tag endete im Kulturcenter in Kardala. Pro Peace und die Combatants for Peace bedankten sich bei der Jugendgruppe für die Organisation und Durchführung des „Awareness Walk“. Es ist wichtig, dass die bestehenden Missstände weiter öffentlich thematisiert werden. Nur so können Veränderungen erreicht werden.