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Nach Verbot: Kulturfestival findet wieder statt

Pro-Peace-Partner im Westlichen Balkan trotzen Repression und Hetze

Im letzten Jahr wurde das serbisch-kosovarische Kulturfestival „Mirëdita, Dobar Dan“ in Belgrad von den serbischen Behörden aufgrund fadenscheiniger Sicherheitsbedenken verboten. Nun konnte es wieder stattfinden, diesmal turnusgemäß in der kosovarischen Hauptstadt Priština. Ausgerichtet wird das Festival von den Pro-Peace-Partnern „Integra“ und „Youth Initiative for Human Rights“ – beide Organisationen sind immer wieder Anfeindungen und Angriffen ausgesetzt. Aber Aufgeben sei keine Option, betonte Nataša Govedarica, Landesdirektorin von Pro Peace in Serbien, mit Blick auf die Planungen für nächstes Jahr.
Teilnehmende beim serbisch-kosovarischen Kulturfestival „Mirëdita, Dobar Dan“ 2025 in Priština
© Integra / YIHR Serbia

Juni 2024: Alles war vorbereitet, die Teilnehmenden saßen bereits im Bus nach Belgrad – dann das Verbot. Nur wenige Stunden vor dem geplanten Beginn des Kulturfestivals „Mirëdita, Dobar Dan“ untersagte das serbische Innenministerium vergangenes Jahr alle geplanten Aktivitäten mit sofortiger Wirkung. „Ein schwerer Rückschlag für die Bemühungen um Dialog und Verständigung“, erklärte damals Alexander Mauz, Vorstandsvorsitzender von Pro Peace.

Das Verbot machte einmal mehr deutlich, welchem Druck zivilgesellschaftliche Organisationen in Serbien ausgesetzt sind, die sich an kontroverse Themen wie die Aufarbeitung des Kosovokriegs heranwagen und sich für Versöhnung zwischen beiden Ländern einsetzen. Denn genau dafür steht „Mirëdita, Dobar Dan“: Das Festival ermöglicht Begegnung und Austausch über die Grenze hinweg. Seit 2014 findet es abwechselnd in der serbischen Hauptstadt Belgrad und in der kosovarischen Hauptstadt Priština statt.

Schon der Titel des Festivals ist zweisprachig. Übersetzt bedeutet er „Guten Tag“ – auf Albanisch und Serbisch. Die Teilnehmenden aus beiden Ländern lernen die Kultur ihrer Nachbar*innen kennen, etwa durch Theateraufführungen, Ausstellungen und Konzerte. Daneben bietet das Festival viel Raum für Gespräche darüber, wie Frieden langfristig gelingen kann und was es braucht, um die Beziehungen zwischen beiden Gesellschaften zu normalisieren.

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Dieser Ansatz macht das Festival zur Zielscheibe von nationalistischer Hetze. Anfeindungen habe es schon immer gegeben, erinnert sich Nataša Govedarica, Landesdirektorin von Pro Peace in Serbien: „Als das Festival 2014 das erste Mal stattfand, damals in Belgrad, wurden unsere Gäste aus dem Kosovo auf Schritt und Tritt von bewaffneten serbischen Polizisten verfolgt. Das war unangenehm. Die Atmosphäre war angespannt. Aber wir haben nicht aufgegeben.“

Einfach war es jedoch nie. Rechte Hooligans, die den Zugang zum Veranstaltungsgelände blockieren, Bombendrohungen, Hass und Hetze selbst von hochrangigen Regierungsmitgliedern – all das haben die Organisatoren des Festivals über die Jahre hinweg erlebt.

Doch es gab auch andere Momente. „Zwischenzeitlich haben sogar die Präsidenten Serbiens und Albaniens das Festival öffentlich unterstützt, und der serbische Kulturminister war bei der Eröffnung dabei. Das waren vielleicht die Jahre, in denen das Festival am hellsten gestrahlt hat“, erzählt Nataša Govedarica. In den letzten Jahren wehte der Gegenwind jedoch wieder schärfer – mit dem letztjährigen Verbot als traurigen Höhepunkt. Angesichts dessen war das diesjährige Festival mit besonderer Spannung erwartet worden.

 

Ende November war es schließlich soweit. Auf dem Programm in Priština standen sowohl Veranstaltungen zu aktuellen politischen Fragen wie der Protestbewegung in Serbien, als auch zur kritischen Auseinandersetzung mit der Vergangenheit. Beispielsweise stellte Pro Peace zwei Sammlungen von Kurzgeschichten vor, in denen die Autor*innen ihre Erinnerungen an die Kriege der neunziger Jahre und an die Zeit danach schildern. Solche persönlichen Perspektiven geben abstrakten Zahlen und Daten ein Gesicht – ein wichtiger Beitrag zur Erinnerungskultur. Aber auch kulturelle Highlights kamen im Programm nicht zu kurz, etwa mit einem Poesie-Abend, Musik und einer Filmvorführung.

Für Nehari Sharri, Landesdirektor von Pro Peace im Kosovo, ist es diese Mischung aus politischen und künstlerischen Beiträgen, die das Festival zu einem einzigartigen Raum der Begegnung machen. Er betont: „Das Festival ist einer der seltenen Orte, an denen Teilnehmende aus Serbien und dem Kosovo kulturellen Austausch und Dialog pflegen können. Solche Plattformen werden immer wichtiger, insbesondere in Zeiten, in denen solche Begegnungen aufgrund politischer Spannungen nicht gefördert, sondern sogar behindert werden.“

Nach dem diesjährigen Erfolg bleibt nun abzuwarten, ob das Festival 2026 wieder in Serbien stattfinden kann. „Natürlich müssen wir uns fragen, ob wir es verantworten können, unsere Gäste aus dem Kosovo nächstes Jahr wieder nach Belgrad einzuladen“, sagt Nataša Govedarica von Pro Peace in Serbien. Denn im vergangenen Jahr wurden nicht nur alle Aktivitäten verboten, auch die Teilnehmenden, die schon auf dem Weg waren, wurden von der serbischen Polizei an der Weiterreise gehindert.

Nataša Govedarica

Wir werden auch weiterhin Brücken zwischen unseren Gesellschaften bauen.

Nataša Govedarica, Landesdirektorin von Pro Peace in Serbien

Für Nataša Govedarica steht dennoch fest, dass Pro Peace und seine Partnerorganisationen alles dafür tun werden, dass das Festival auch in Zukunft stattfinden kann: „Wir sind dem Frieden verpflichtet und wir werden auch weiterhin Brücken zwischen unseren Gesellschaften bauen. Aufgeben ist keine Option!“

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