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Palästinensischer Aktivist vor Gericht

Zum Fall Issa Amro

Issa Amro aus Hebron im Westjordanland setzt sich seit Jahren gewaltfrei für die Rechte der palästinensischen Bevölkerung ein. Nun stand der Menschenrechtsaktivist vor Gericht. Pro Peace erklärte sich solidarisch mit Amro und äußerte sich besorgt über die Auswirkungen des Falles auf gewaltfreien Aktivismus und kritische Zivilgesellschaft in der Region.
Issa Amro
© Luna Vieira_Pro Peace

Für sein gewaltfreies Engagement in Palästina wurde Issa Amro bereits international ausgezeichnet: 2010 erhielt er die Würdigung als „Menschenrechtsverteidiger des Jahres in Palästina“ von der damaligen UN-Menschenrechtskommissarin. Amro hat die Organisation „Jugend gegen Siedlungen“ mitbegründet und setzt sich für die Rechte der palästinensischen Bevölkerung in Hebron ein. Dort kommt es immer wieder zu gewalttätigen Auseinandersetzungen mit Siedler*innen. Die palästinensische Bevölkerung ist zudem mit Einschränkungen ihrer Bewegungsfreiheit in der Stadt konfrontiert.

Alltag in Hebron: eine palästinensische Bewohnerin der Shuahda Street nennt einem israelischen Soldaten ihre Identifikationsnummer.

Durch seine Arbeit macht Issa Amro auf die Rechte der palästinensischen Bevölkerung aufmerksam. So hat er beispielsweise zahlreiche Delegationen internationaler Journalist*innen und Politiker*innen durch die Altstadt von Hebron geführt, wo die Auswirkungen der Besatzung besonders deutlich zu sehen sind.

Issa Amro hat nicht nur Menschenrechtsverletzungen seitens der israelischen Militärbesatzung angeprangert, sondern sich auch kritisch gegenüber den palästinensischen Behörden geäußert. Bereits 2017 wurde er vor einem palästinensischen Gericht wegen „Störung der öffentlichen Ordnung“ angeklagt. Die Anklage stützte sich auf das palästinensische Cyber-Kriminalitäts-Gesetz von 2017. Zudem warf man Amro „Beleidigung von Behörden“ vor. Diese Anklage stützte sich auf das jordanische Strafgesetzbuch von 1960, welches im Westjordanland nach wie vor angewendet wird.

Issa Amro tour
© Luna Vieira/Pro Peace

2010 wurde Issa Amro vom Büro des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Menschenrechte als „human rights defender of the year in Palestine“ ausgezeichnet.

In einem neuen Fall haben die israelischen Behörden nun 18 Anklagepunkte gegen Issa Amro vorgebracht. Alle waren direkt mit seinem Aktivismus verbunden – zum Beispiel der Organisation von Demonstrationen und Ungehorsam gegenüber Befehlen des Militärs. In sechs Anklagepunkten wurde Amro schuldig gesprochen und zu 15 Jahren Haft verurteilt. Der Strafvollzug wurde allerdings vorerst ausgesetzt, sodass er nicht unmittelbar ins Gefängnis muss. Sollte der Aktivist allerdings in Zukunft gegen israelisches Militärrecht verstoßen, kann er ohne Prozess inhaftiert werden. Dies schränkt seine politisches Engagement stark ein, da er beispielsweise bei der Teilnahme an Demonstrationen mit einer Verhaftung rechnen muss. Welche Länge die ausgesetzte Strafe betragen wird, ist vorerst unklar, da die finale Entscheidung des Gerichts noch aussteht.

Die Europäische Union, die Vereinten Nationen, Amnesty International und viele weitere internationale Nichtregierungs-Organisationen haben Stellungnahmen veröffentlicht und tiefe Besorgnis über die Strafverfolgung von Issa Amro geäußert. Die Organisation „Human Rights Defenders Fund“ vertrat Amro vor Gericht und betonte, keiner der Anklagepunkte habe konkrete Verstöße benannt. Aus Sicht der Organisation wurde Amro zu Unrecht verurteilt, um ein Exempel zu statuieren und diejenigen einzuschüchtern, die Ungerechtigkeiten und Menschenrechtsverletzungen öffentlich anprangern.

Die Unterstützung von gewaltfreiem Aktivismus ist ein zentrales Anliegen von Pro Peace. In Israel und Palästina unterstützen wir gewaltfreien Aktivismus bereits seit Beginn des Programms im Jahr 1999. Daher sind wir sehr besorgt über die Auswirkungen, die das juristische Vorgehen gegen Issa Amro auf andere gewaltfreie zivilgesellschaftliche Bewegungen in der Region haben könnte. Unabhängige Aktivist*innen sind zunehmend Attacken sowohl seitens der israelischen als auch der palästinensischen Behörden ausgesetzt. Der aktuelle Fall zeigt auf, wie die Räume für eine kritische Zivilgesellschaft immer stärker eingeschränkt werden. Wir erklären uns daher solidarisch mit Issa Amro. Unser Team in Jerusalem wird weiterhin israelische und palästinensische Aktivist*innen unterstützen, die sich dem gewaltfreien Widerstand gegen die Besatzung verschrieben haben und die nachhaltige soziale Veränderungen erreichen möchten.

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